Quellen, die narrativ über die Pionierzeit des Fussballs berichten, sind sehr dünn gesät. Umso erfreulicher ist es, wenn der bekannte Genfer Schrifsteller griechischer Abstammung, Georges Haldas, in seinen Erinnerungen an seinen eigenwilligen, auf Kelophena aufgewachsenen Vater die Genfer Frühzeit des „foot“ beleuchtet, genauer gesagt die späteren 1920er Jahre. Das ist ein echter Quellenfund. Die deutsche Neuübersetzung (Nimbus Verlag) seines „Boulevard des Philosophes“ macht die manchmal etwas schwierig verständliche Quelle nun auch einem deutschsprachigen Publikum endlich zugänglich.
Georges Haldas erinnert sich an seine Jugendzeit, wie damals die meisten seiner Freunde am Sonntag an einen Fussballmatch gingen. Das gab dann montags Stoff für schier endlose Diskussionen. Haldas Lieblingsclub war Genf Servette, bekannt für seinen schönen, technisch inspirierten Stil und erklärter Lieblingsclub des Genfer Kleinbürgertums, und natürlich bereits damals auch national äusserst erfolgreich. Auch der griechische Vater von Georges Haldas mochte Servette, war aber kein echter Fussballfan. Neben Servette gab es in Genf jedoch auch noch Urania (UGS) und Etoile Carouge, die beide zumindest phasenweise ebenfalls der schweizerschen Nationalliga A angehörten. Urania (UGS) holte einmal sogar den Pokal an den schönen Genfersee. Drei Erstligisten in einer Stadt, da waren heisse, umstrittene Derbies natürlich vorprogrammiert.
In ganz besonderer Erinnerung verblieb Georges Haldas ein internationales Freundschaftsspiel gegen Penarol Montevideo aus Uruguays Hauptstadt, das seine Kasse mit Auslandsgastspielen etwas auffüllen wollte. Das war nicht ungewöhnlich. Führende Teams aus der ganzen Welt liessen sich Gastspiele in Europa von den Heimclubs bezahlen und verbreiteten in Zeiten vor dem Europapokal internationales Flair. So gastierte West Ham United in den 1930er Jahren sogar in der kleinen schweizerischen Grenzstadt Kreuzlingen.
Uruguay war damals im Fussball neben England das Mass aller Dinge und hatte im Jahre 1924 in Paris gegen die Schweiz gerade den begehrten Olympischen Fussballtitel gewonnen. Penarol war der stärkste und traditionsreichste Verein des Landes. Das ist bis heute so geblieben, wenn auch Nacional Montevideo dem Verein Konkurrenz macht.
Es erstaunt daher nicht, dass Servette Genf trotz Grossaufmarsch der Fans im schmucken heimischen Stadion „Les Charmilles“ chancenlos blieb. Die einheimischen Fussballfans konnten immerhim mit Genugtuung registrieren, dass sie eines der besten Clubteams der Welt rund um den dunkelhäutigen Spielmacher Andrade gesehen hatten. Uruguay sollte im Jahre 1928 noch einmal Olympiasieger und zwei Jahre später im eigenen Land im „Stadio Centenario“ (Montevideo) sogar erster Fussballweltmeister werden.
Das relativ kleine südamerikanische Land am Rio de la Plata boykottierte daraufhin die WM in Italien 1934 und in Frankreich 1938, um im Jahre 1950 in Brasilien gegen die Einheimischen gleich zum zweiten Mal den Titel zu holen (Siegtor ein Weitschuss von Alcides Ghiggia).
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