BRÄNDLES BALLBERICHT


 

„Grümpelturnier“

Fussball zwischen Spass und heiligem Ernst

 

Fabian Brändle

 

So genannte „Grümpelturniere“ sind in der Schweiz landauf, landab wichtige Einnahmequellen für kleinere, notorisch klamme Clubs. Startgeld und die Einnahmen aus der Festwirtschaft stellen für sie den Vereinsbetrieb sicher. Bein einem „Grümpelturnier“ stehen sich auf einem Kleinfeld in verschiedenen Kategorien Mannschaften gegenüber. Junioren und Juniorinnen, Dorfmannschaften mit nur einem lizenzierten Spieler, Lizenzierte oder „Mixed-Teams“ machen an einem Wochenende den Sieger in der jeweiligen Kategorie aus.

Manche Teilnehmerinnen und Teilnehmer nehmen es dabei nicht gar so Ernst, treten sogar verkleidet an, beispielsweise mit Bärten wie ZZ Top. Für andere Sportler jedoch ist das jährliche „Grümpi“ ein singulärer Höhepunkt im Festkalender. Sie spielen um die Dorfehre, womöglich im Derby gegen das Nachbardorf. Da wird mancher friedliche Steuerbeamter zum üblen Treter, zum Grätscher vor dem Herrn. Das Sanitätszelt der Samariter jedenfalls ist gut besucht, und manche Verletzungen sind gravierend, betreffen Bänder, Knochen oder sogar den Meniskus.

Nach dem Match von ca. 15 Minuten ist indessen Geselligkeit angesagt im Festzelt. Nach zwei „Grossen“ spielen manche Kickerinnen und Kicker noch aggressiver auf, grätschen, als ob sie Sergio Ramos oder Jürgen Kohler wären. Besonders engagiert treten in der Regel Teams bestehend aus Ausländern aus der Balkanregion auf. Wenn dann ein kroatisches gegen ein serbisches oder ein kosovarisches Team antreten muss, dann fliegen die Fetzen, auf und neben dem Platz. Meistens jedenfalls.

Abends dann ist erneut Unterhaltung angesagt. Dann treten österreichische Alpenfolkloristen als Stimmungsbands auf, oder eine Erotiktanztruppe er ehemaligen Partnerin von DJ Bobo gibt sich die Ehre. Die Stimmung ist siedend, man tanzt auf den Tischen, und das Bier fliesst in Strömen. So mancher Kicker schnürt seine Stiefel am Sonntagmorgen just nach dem letzten konsumierten Alkohol, das Festzelt verlassend in Richtung Spielfeld. Dass er dann mehr torkelt als rennt, spielt keine Rolle. Die Intensität am Finaltag nimmt nochmals deutlich zu, denn schliesslich geht es auch und nicht zuletzt um Preise: ein riesiger Schwarzwälder- Schinken, eine kleine Reise winken den glücklichen Gewinnerinnen und Gewinnern.

Ich selbst habe an so manchem „Grümpelturnier“ in der Ostschweiz mitgemacht, mit einigem Erfolg. Einmal, in Uznach (Kanton St. Gallen, Gasterland), traten wir im Achtelfinale hoffungsvoll gegen eine tibetische Equipe an, gespickt mit dem laufstarken Profi Dorjee Tsawa vom FC Zürich. Es war ein harter, verbissen geführter Fight, den wir schliesslich knapp verloren. Als Höhepunkt konnten sich in Uznach einfache Kicker wie ich mit einigen Stars bei einer raffinierten Installation messen. Die Geschwindigkeit des Schusses wurde dort per Laser gemessen. Ich erreichte ca. 85 km/h. Mein Teamkollege Rolf Gimmi trat den Ball noch bedeutend härter, härter sogar als der Profi und Verteidiger Harald „Harry“ Gämperle von GC.

Das muss für diesen etwas demütigend gewesen sein.

 


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