„Uppies“ and „Doonies“

Eine neue Quelle zum traditionellen „Kirkwall Ba“

 

Fabian Brändle

 

Der traditionelle britische Volksfussball war einst über die gesamten Inseln und über die Bretagne verbreitet. Die Männer und Buben ganzer Stadtquartiere und Dörfer standen sich gegenüber, um einen Ball an ein Stadttor oder auf einen Mühlstein zu bugsieren. Rohe Kraft war gefragt, weniger Taktik. Somit waren Verletzte, ja Schwerverletzte und sogar Tote die Regel. Es verwundert daher wenig, dass sich seit dem Spätmittelalter zahlreiche königliche Verbote aneinanderreihten. Besonders erbitterte Gegner des Volksfussballs waren die frommen Puritaner und die späteren Dissenter, die im Fussball und den damit einhergehenden Festivitäten eine Sonntagsentheiligung erblickten. An einigen peripheren Orten konnte sich der Volksfussball indessen halten, so in Kirkwall, dem Hauptort der Orkney Inseln. Dort avancierte Duncan Cameron Mackenzie, geboren im Jahre 1949 auf Barsay, zum Augenzeugen des Spiels in den 1950er Jahren, noch bevor es also zur Touristenattraktion wurde. Damals gab es noch vier Spiele am Weihnachtstag und an Neujahr zwischen den Männern und zwischen den „boys“ unter 16 Jahren. Die „Uppies“ der Oberstadt verharkten sich in die „Doonies“ der Unterstadt.

Zuschauer wurden zu Mitspielern und umgekehrt. Das Match war von vielen Emotionen begleitet, diente auch als Ventil, um jene Aggressionen abzulassen, die sich im Verlaufe des Jahres gebildet hatten. Gespielt wurde wie gesagt mehr als hart, es war mehr ein intensives Gewühl als ein Bewegungsspiel, ähnelte eher dem Rugby als dem modernen Fussball. Die Regeln des modernen Fussballs sind ja auch Kinder des 19. Jahrhunderts. Manche Spieler waren schwer alkoholisiert, um den stundenlangen Fight bei Kälte und Schneeregen physisch durchzustehen.

Manchmal wurden Dächer in die Spielzüge miteinbezogen. List konnte sich also trotz aller Brachialität auszahlen. Die enge „Broad Street“ Kirkwalls mit ihren kleinen Läden und Schaufenstern war wie verbarrikadiert. Es drohte Glasschaden.

Wer das Siegtor erzielte, durfte den schönen Ball als Trophäe behalten. Das wurde in den „Pubs“ ausgiebig gefeiert und begossen. Doch auch die Verlierer des „Kirkwall Ba“ waren nicht nur unzufrieden: Sie hatten ihren wichtigen Teil dazu beigetragen, um eine jahrhundertealte Tradition beizubehalten.

 

Mackenzie, Duncan Cameron. An Orkney Boyhood. Edited by Mark Mark A. Mulhern and Caroline Milligan (Flashbacks). Edinburgh 2011.

 


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